Das Gesicht an der Kasse

Westhalle in Weißenfels, Jahrhunderthalle in Spergau, Arena Leipzig und natürlich die Stadthalle in Weißenfels – überall hat Michaela Remele schon kassiert, wenn der Mitteldeutsche Basketball Club spielte. Wer es gewohnt ist, seine Karte an der Tageskasse zu kaufen, der kennt das von blonden Haaren umrahmte Gesicht der Weißenfelserin. Sie ist seit nunmehr fast 20 Jahren das Gesicht an der Kasse. Sieben Damen sind es, die die Kassen besetzen, aber Michaela Remele ist am längsten dabei. Und sie hat in den 20 Jahren kaum einen Spieltag verpasst. So wird sie auch am Dienstag, am Maifeiertag, gut anderthalb Stunden vor Spielbeginn (15 Uhr) beim letzten Saisonspiel des MBC gegen Bamberg wieder hinter dem Kassenfenster der Stadthalle sitzen.

Michaela Remele sitzt seit fast 20 Jahren bei den MBC-Heimspielen an der Kasse. Foto: Birger Zentner

Warum hebt man die Eintrittskarte eines Zweitligaspiels auf: SSV Hagebau gegen DJK Würzburg? Die langjährigen Basketballfans des MBC wissen das. Ein gewisser Dirk Nowitzki gab vor mehr als 20 Jahren auf Würzburger Seite seine Visitenkarte in der Weißenfelser Westhalle ab, ehe er zum NBA-Superstar wurde. „Schade, dass ich mir damals kein Autogramm habe geben lassen“, sagt Michaela Remele, die auch viele andere Dinge aufgehoben und manches Ereignis in einem extra Buch notiert hat. Damals war sie gerade Basketballfan geworden. „Ich war 15 Jahre alt, als eine Freundin zu mir sagte, dass ich mal mit zum Basketball kommen sollte“, erinnert sie sich. Und es hat sofort gefunkt. „Ich fand die Atmosphäre toll, die Sportart auch.“ Jacob Weise und Carsten Kroog waren damals ihre Lieblingsspieler. Mit den Jahren ist daraus eine kleine Sammlung an Lieblingsspielern geworden. Misan Nikagbatse gehört da ebenso dazu wie Johnnie Gilbert, Artur Kolodziejski wie Clint-Cotis (C. C.) Harrison. Und auch in der aktuellen Mannschaft hat Michaela Remele mit Kruize Pinkins und Lamont Jones ihre Lieblinge entdeckt.

Nach dem ersten Spiel, das sie 1997 gesehen hat, hat sie Basketball nicht mehr losgelassen. Ein Jahr später hat sie schon geholfen, die Programmhefte zu verteilen. Und im Januar 1999 wurde sie von Klaus Thiel gefragt, ob sie denn nicht an der Kasse helfen wollte. Und bei diesem ehrenamtlichen Einsatz für den MBC ist es bis heute geblieben. Für Michaela Remele wie für die anderen von der Kasse – im Klub liebevoll Kassenmädels genannt – beginnt der Spieltag 105 Minuten vor Spielbeginn. „Wir sind immer eine Viertelstunde vor Kassenöffnung da, besprechen kurz, ob es etwas zu beachten gibt, und 90 Minuten vor dem Start öffnen wir dann die Kassen.“ Obwohl heute viele Fans ihre Karten entweder als Dauerkarte haben oder sie online kaufen, sind es immer noch einige hundert Tickets, die durch das Schalterfenster gereicht werden.

Dabei gibt es hin und wieder kuriose oder merkwürdige Situationen. „Gerade, wenn das Spiel schon begonnen hat, kommen manchmal Fans und wollen über den Preis verhandeln, weil sie ja nun nicht das gesamte Spiel sehen“, erzählt Michaela Remele. Sie und ihre Kolleginnen bewahren dann die Ruhe und die Stimmung entspannt sich wieder.

Ehrenamtlich an der Kasse zu arbeiten, heißt für einen Basketballfan aber auch Verzicht, zumindest temporär. „Die Kassen sind ja bis nach der Halbzeitpause geöffnet, das bedeutet, dass wir selbst oft nicht das gesamte Spiel sehen können.“ Da aber nicht alle Schalter offenbleiben müssen, teilen sich die Kassenmädels die Arbeit so ein, „dass jede von uns jedes dritte Spiel in voller Länge sehen kann“.  Im Laufe des dritten Viertels sind sie dann alle in der Halle, „das ist ja dann sowieso die spannendste Zeit“, sagt Michaela Remele lachend.

Im Laufe der Jahre hat sie die gesamte Familie mit dem Basketballfieber angesteckt. „Meine Mutti hat mich oft gefahren, als die Mannschaft in Spergau gespielt hat, manchmal hat sie sogar an der Kasse ausgeholfen.“ Und als Michaela Remele, die viele noch unter ihrem Mädchennamen Ende kennen, ihren künftigen Ehemann kennenlernte, gab es eine klare Ansage: Basketball und ich gehören zusammen. Das wurde nicht nur akzeptiert, sondern ihr heutiger Ehemann, der ursprünglich nicht so viel mit der Sportart am Hut hatte, lässt mittlerweile kein Heimspiel aus. Seit dem vorigen Jahr sind beide verheiratet.

Die Arbeit an der Kasse will Michaela Remele, die ihr Geld mit der Arbeit im Büro einer Physiotherapiepraxis verdient, nicht missen. Zu den vielen schönen Erinnerungen wie den ersten Sieg über Alba Berlin oder den Jahrhundertwurf von Donte Mathis über das gesamte Feld in den Korb oder die Aufstiege in die Bundesliga sollen noch viele hinzukommen. Vielleicht auch noch mal ein Sieg über Bayern München. Denn den schon beinahe legendären von 2016 in der Arena Leipzig „habe ich leider nicht live erleben können“, sagt Michaela Remele. Da muss man doch einfach dabeibleiben.

Übrigens: An ehrenamtlicher Mitarbeit wie an der Kasse besteht beim MBC immer Bedarf. Interessenten können sich jederzeit beim Club melden. Per E-Mail unter office@mitteldeutscherbc.de oder telefonisch unter 03443/34 73 90.